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September 2025
Gewesen:
Auftakt Ruhrtriennale
Angekündigt:
Klangbegegnungen mit dem Ensemble Crush – Oper von Peter
Eötvös
in Hagen – Forum neuer Musik beim DLF u.v.a.m.
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[Auftakt Ruhrtriennale]
2024
hat Ivo Van Hove für drei Jahre die Intendanz der Ruhrtriennale
übernommen und bereits im ersten Jahr wurde
deutlich, dass neue
Musik nicht zu seinen Steckenpferden gehört. Dabei
soll hier gar
nicht von Neuer Musik mit großem N à la
Donaueschingen die Rede
sein, aber irgendetwas jenseits des Mainstreams wäre
von einem so
hochkarätigen Festival durchaus zu erwarten.
Immerhin gibt es die
Reihe 'Erased Music', die es sich zur Aufgabe
gemacht hat, vergessene
Musiker und Musikerinnen in den Fokus zu rücken.
2024 fiel die Wahl
auf Julius Eastman, der allerdings längst kein
Geheimtipp mehr ist,
sondern wohl auch aufgrund seines mehrfachen
Außenseiterstatus (als
schwarzer, schwuler, am Ende seines Lebens
drogenabhängiger und
obdachloser Mann) in den letzten Jahren viel
Interesse auf sich
gezogen hat. In diesem Jahr widmete sich die Reihe
Wendy Carlos, die
als Pionierin der elektronischen Musik gilt. Carlos
lernte Anfang der
60er Jahre – damals noch als Walter, also vor ihrer
Geschlechtsangleichung – Robert Moog kennen, der den
ersten
kommerziell verfügbaren Synthesizer auf den Markt
brachte. Carlos
steuerte eigene Ideen zur Entwicklung bei und war
eine der ersten,
die den Moog-Synthesizer intensiv nutzten. Unter
anderem spielte sie
damit Klassiker wie Bach und Händel ein,
insbesondere ihr Album
Switch-On
Bach
aus dem Jahre 1968 sorgte für Furore und erklomm
höhere Plätze in
den Charts. Dabei erwies sich die Umsetzung als
ziemlich kompliziert
und nahm laut Carlos mehrere Monate in Anspruch.
Denn da die
Synthesizer monophon waren, mussten die einzelnen
Stimmen
nacheinander eingespielt und anschließend auf einem
Mehrspurtonband
zusammengeführt werden. Will Gregory brachte dies
Anfang der 2000er
Jahre auf die Idee, die Stücke mit einem Ensemble
aus Synthesizern
in Echtzeit aufzuführen und so zu neuem Leben zu
erwecken. Das
daraus entstandene Will
Gregory Moog Ensemble
ist bis heute aktiv und war nun mit einem Tribute
to Wendy Carlos
in der Turbinenhalle der Jahrhunderthalle zu Gast.
Was damals der
letzte technische Schrei war, klingt heute
nostalgisch und das sowie
ihre Unberechenbarkeit machen den Reiz der analogen
Gerätschaften
aus. Im Vergleich zu digitalem Equipment gibt es
weniger
determinierende Voreinstellungen, zudem reagieren
die Synthesizer
akustischen Instrumenten vergleichbar auf
Umgebungseinflüsse wie
Temperaturschwankungen. Wie Gregory ausführt, weiß
man nie genau,
was passieren wird, wenn man eine Taste drückt, und
„das hat etwas
sehr Reines und Geheimnisvolles an sich“.
Tatsächlich verfügen
die Instrumente über ein interessantes
Klangspektrum. Es quäkt,
schnurrt, wabert, brummt, grummelt, fiept, gurrt und
gluckert. Mehr
als bei den letztlich ziemlich eindimensionalen
Händel- und
Bachtranskriptionen schöpfte Carlos dieses Potential
bei ihren
Filmmusiken für Stanley Kubrick aus. Auch hier ließ
sie sich von
klassischen Kompositionen inspirieren (bei A
Clockwork Orange
natürlich von Beethoven, bei Shining
fand z. B. das Dies-Irae-Motiv
aus Berlioz' Symphonie
fantastique
Verwendung),
experimentierte aber mehr und schuf so eigenständige
Klangwelten,
die bis heute unauflöslich mit Kubricks Bildern
verwoben sind. Hier
kann man ahnen, was die analogen Moogs zu bieten
hätten. An dieser
Stelle weiterzuforschen, wäre spannend gewesen, aber
die im zweiten
Konzertteil präsentierten eigenen Kompositionen des
Will
Gregory Moog Ensembles stranden
schnell im Erwartbaren. Die Musik wird an die
melodische und
rhythmische Leine gelegt, erlaubt sich ein paar
Effekte und ein paar
Ausflüge ins Pompöse und lässt genau die
Unvorhersehbarkeit
vermissen, die Gregory vorher noch beschworen hat.
Was
die Rubrik Musiktheater anbelangt, so schlägt Van Hoves
Herz
offensichtlich für die Popkultur, wobei er im letzten
Jahr mit PJ
Harvey (I
Want Absolute Beauty)
und Björk (Abendzauber
in der Regie von Krystian Lada) immerhin zwei
interessante
Protagonistinnen ausgewählt hatte. Die Ergebnisse haben
mich zwar
nicht restlos überzeugt, aber zumindest I
Want Absolute Beauty mit
Sandra Hüller als Zugpferd entpuppte sich als
Publikumserfolg, was
Van Hove wohl dazu animierte, das Rezept zu wiederholen.
In I
Did It My Way,
dem Eröffnungsstück der diesjährigen Ruhrtriennale,
dient Lars
Eidinger als Aushängeschild und ihm ist es vermutlich zu
verdanken,
dass die Aufführungen bereits im Vorfeld restlos
ausverkauft waren.
Inhaltlich geht die Rechnung allerdings nicht auf und
das liegt nicht
an den Mitwirkenden. Die Grundidee ist denkbar einfach:
Anhand von
mehr oder minder bekannten Liedern von Frank Sinatra und
Nina Simone
konstruiert Van Hove die Geschichte eines Paares: ein
weißer Mannes
und eine schwarze Frau, sie verlässt ihn, geht ihren
eigenen Weg,
erkennt die politische Dimension ihrer Emanzipation, zum
Schluss
begegnen sie sich erneut, ohne wirklich zusammenzufinden
– I did it
my way. Vor der Kulisse eines amerikanischen
Vorstadthauses, auf
dessen Dach die Musikkapelle platziert ist, werden die
Songs wie am
Schnürchen aneinandergereiht. Dabei entsteht kein Raum
für eine
schauspielerische Gestaltung der Figuren, die
holzschnittartige
Anlage der Story verhindert jegliche Zwischentöne.
Eidinger muss die
undankbare Rolle eines Mannes spielen, der nichts
kapiert, in der
Opferrolle verharrt und gequält am Laternenpfahl lehnt.
Mit Larissa
Sirah Herden, gebürtige Gelsenkirchenerin, steht ihm
eine Partnerin
zur Seite, die vor allem gesanglich überzeugt, aber
ebenfalls keinen
Tiefgang entfalten kann, da die Entwicklung ihrer Figur
schablonenhaft bleibt. Damit sie trotzdem jeder
mitbekommt, lässt
Van Hove historisches und aktuelles Bildmaterial auf die
Hauswand
projizieren: Martin Luther King,
Bürgerrechtsdemonstrationen,
Polizeigewalt, rassistische Übergriffe. Doch das Ganze
ist so
vorhersehbar und eindimensional, dass selbst ein Lied
wie Strange
Fruits,
das sich mit Lynchjustiz befasst und eigentlich immer
unter die Haut
geht, zwar innehalten lässt, aber sofort einkassiert
wird und seine
gewohnte Wirkung nicht entfalten kann.
Um
das Geschehen wenigstens etwas aufzulockern, werden den
beiden je
zwei Tänzer bzw. Tänzerinnen zur Seite gestellt, doch
auch deren
Performance wirkt altbacken und erstickt in Klischees.
Beim Kampf der
Geschlechter werden die Kerle zwar niedergerungen, aber
die Ladies
müssen dabei sexy mit den Hintern wackeln! Da hat jedes
drittklassige Musical mehr zu bieten.
Auch
wenn Eidinger kein professioneller Sänger und Tänzer ist
und nicht
jeden Ton trifft, schlägt er sich wacker, doch sein
eigentliches
Potential bleibt vollständig ungenutzt. Van Hove lässt
ihn
praktisch ins Leere laufen. Herden kann zumindest ihre
gesanglichen
Qualitäten ausspielen und in der Rolle der
sympathischen, sich
emanzipierenden jungen Frau brillieren, doch man spürt,
dass auch
sie sehr viel mehr zu bieten hat. Es bleibt der
Eindruck, dass eine
Menge Talent durch eine Inszenierung verschenkt wird,
die an
Schlichtheit, Einfallslosigkeit und Berechenbarkeit kaum
zu überbieten
ist, die ein angesagtes Thema bedient, mit dem man
nichts falsch
machen kann, aber letztlich nichts Neues dazu zu sagen
hat. Schade!
[Termine im September]
Köln
In
der Kunststation
Sankt Peter
stehen Pascal
Klewer’s
acoustic ambient ensemble am 15.9., das
Preisträgerkonzert des
Bernd-Alois-Zimmermann
Stipendiums
am 17.9., das Ensemble
Dehio
mit Albrecht Zummachs Wobbly
Echoes
am 19.9., das Trio
Abstrakt
am 26.9. sowie Lunchkonzerte am 6.9., 13.9., 20.9. und
27.9. auf dem
Programm. In der Philharmonie
erwarten uns eine Uraufführung von Igor C Silva am 21.9.,
Near
Midnight
von Helen Grime am 26.9.
und 27.9.
und Musik für Zymbal von Charlotte Bray, László Sáry
und Emma
Nagy gespielt von Áron Horváth am 28.9.
Die Musikfabrik
kündigt ein Montagskonzert mit Pamela Z am 22.9.,
das Preisträgerkonzert der Ernst
von Siemens Musikstiftung
mit dem Ensemble
tacet(i)
am 23.9.
und die nächste Probenphase des Kölner
Chaos-Orchesters
vom 26. bis 28.9. an.
Die
Reihe ritual
präsentiert am 1.9.
das Ensemble hand
werk
mit einem neuen Werk von Maria
de Alvear.
Das Ensemble ist am 30.9.
auch in der Alten
Feuerwache
zu Gast, wo uns außerdem ein Abend zum Scheitern mit
Texten von
Charles Bukowski und Musik von Christoph
Maria Wagner am
20. und 21.9. sowie das Simon
Rummel
Ensemble am 28.9. erwarten. Am 7.9.
befasst sich ein Abend mit Vortrag und Musik in der
Reformationskirche in Bayenthal mit künstlicher
Intelligenz, am
12.9.
spielt das Asasello
Quartett ein neues Streichoktett von Rostislav
Kozhevnikov im
Sancta Clara Keller, beim nächsten Konzert der
WDR-Reihe 'Musik
der Zeit'
am 13.9.
erklingen Uraufführungen von Andile Khumalo und
Johannes Schöllhorn
sowie deutsche Erstaufführungen von Hannah Kendall und
Sergej Newski
und die reiheM
präsentiert am 23.9.
die isländische Band Stilluppsteypa sowie Projekte von
Nguyễn Zen
Mỹ und Takafumi Okada. Der Deutschlandfunk feiert 25
Jahre Forum
neuer Musik
am 27.9. mit dem Asasello
Quartett
und dem Ensemble
Reflexion K
und im Atelier
Dürrenfeld/Geitel
stehen die Soundtrips
NRW
am 9.9. und das Werckmeister
Quartett
am 29.9. auf dem Programm. Noch bis zum 5.9. findet
die Cologne
Jazzweek
statt, wobei am 3.9. auch mehrere NICAartists
vertreten sind.
Einblicke
in die freie Szene bekommt man bei ON
Cologne
(z. B. bei einer Listening Session am 23.9.) und Noies,
der Zeitung für neue und experimentelle Musik in NRW,
jeden 2. und 4. Dienstag im Monat sendet
FUNKT
ein Radioformat mit Elektronik und Klangkunst aus
Köln, jeden 1. und
3. Mittwoch im Monat wird der Ebertplatz von der Reihe
Bruitkasten
bespielt und am letzten Mittwoch im Monat erwartet uns
die Soirée
Sonique
im LTK4
– am 24.9.
mit der 99. Ausgabe! Fast täglich gibt es interessante
Konzerte im
Loft
(z.B. das Trio Hübsch/Schubert/Hemingway am 11.9.),
weitere
Termine und Infos finden sich bei kgnm,
Musik
in Köln
und impakt
sowie
Veranstaltungen
mit Jazz und improvisierter Musik bei Jazzstadt
Köln.
Ruhrgebiet
Ein berührendes Mosaik aus realen Geschichten, Träumen und Erinnerungen mit Musik von Philip Venables verspricht die Ruhrtriennale mit We Are The Lucky Ones und das ChorWerk Ruhr ist mit before und after nature und Musik von David Lang zu erleben.
Im Dortmunder domicil stehen The Dorf am 18.9. und Ingebrigt Håker Flaten & (Exit) Knarr am 23.9. auf der Bühne.
Am 3.9. sind Jan Klare, Martin Scholz und Marvin Blamberg im Duisburger Steinbruch zu Gast, das Ensemble Crush lädt am 13. und 14.9. in der Kulturkirche Liebfrauen ein zu KlangBegegnungen und im Earport eröffnet das Trio Présence am 28.9. eine Ausstellung mit Werken von Martin Goppelsröder.
Das Part-Ensemble widmet sich am 19.9. im Essener Folkwang Museum den wechselnden Erscheinungsformen des Staubes und im Rabbit Hole Theater stehen die Konzertreihe ElecTair am 4.9., das Trio Gottschalk/Parvaresh/Töpp am 7.9., die Soundtrips NRW am 8.9. sowie eine Audiovisuelle Reise mit Verena Hentschel am 20.9. auf dem Programm. Die Gruppe Moment wirkt am 7.9. beim Festival Open House mit und das catinblack ensemble startet eine neue Reihe in der Szene 10 im Girardet. Zum Auftakt am 11.9. kommt ein Werk von Sebastian Gramss zur Aufführung. Am gleichen Ort vertont das Interzone Perceptible am 7.9. live und mit eigener Komposition Murnaus Nosferatu. Das Ensemble hat sich auf Live-Musik zu Stummfilmen spezialisiert und ist im September auch in Gladbeck, Menden und Duisburg zu erleben.
Das Makroscope in Mülheim an der Ruhr kündigt ein Konzert mit André Uhl und Einar Fehrholz am 6.9. und die Sängerin und Noisekünstlerin Sarah Košicki in der neuen Konzertreihe Verstärker am 19.9. an.
Düsseldorf
Am 14.9. sind das Duo Wechselstrom aus Wien und das Duo rand aus Berlin bei musik21 zu Gast. Ebenfalls am 14.9. veranstaltet Frederike Möller das nächste ToyPiano Festival und am 23.9. interviewt sie in der Reihe 'Persönlichkeiten des Düsseldorfer Musiklebens' in der Zentralbibliothek die Sopranistin Irene Kurka.
Sonstwo
Soundtrips NRW schickt vom 4. bis 14.9. Mats Gustafsson und Christof Kurzmann durch NRW und lässt sie auf wechselnde Gäste treffen.
In der Aachener Raststätte erwartet uns am 3.9. Synthesizer Jam und die Gesellschaft für zeitgenössische Musik Aachen kündigt aktuellen Jazz am 6.9. und 20.9., die Reihe 'Hören und Sprechen über Neue Musik' am 12.9. und einen Vortrag über Peter Raabe am 28.9. an.
Noch bis zum 27.9. bietet das Bonner Beethovenfest auch zeitgenössische Klänge u.a. am 4.9., 12.9., 13.9., 17.9., 20.9., 24.9. und 25.9. Am 5.9. eröffnet soundforum die Klanginstallation stille laute von Nika Schmitt und die In Situ Art Society präsentiert im Dialograum Kreuzung an Sankt Helena die Soundtrips NRW am 4.9. und die Reihe 'Dissonant Series' am 13.9. und 29.9. In der Kunsthalle Hangelar im benachbarten Sankt Augustin begegnen sich am 28.9. Simone Weissenfels und Rainer Weber.
In ihrer neuen Konzertreihe 'Heimen' trifft MAM.manufaktur für aktuelle musik auf Ensembles aus vier Regionen Nordrhein-Westfalens. Am 28.9. kommt es zur Begegnung mit der Brass Band Düren.
Peter Eötvös' Musiktheater Der Goldene Drache hat am 13.9. am Theater Hagen Premiere. Zur Einstimmung findet am 6.9. eine offene Probe statt.
Das Ensemble Horizonte spannt am 25.9. in der Johanniskirche in Herford den Bogen von der Gotik bis in die Gegenwart.
In der Kirche Pax Christi erklingt am 20.9. neue Musik mit Bezug zu Krefeld.
In der Black Box in Münster erwarten uns das Simon Rummel Ensemble am 6.9., die Soundtrips NRW am 7.9., das Duo Engelthomsen am 12.9., das White Reznichenko Quintett am 14.9. und das Trio Toxodon am 26.9.
Simon Rummel ist mit seinem Ensemble am 7.9. auch im Haus für Musiker auf der Raketenstation Hombroich bei Neuss zu Gast.
Am 21.9. verbinden sich in der Reihe 'Cheercamp' im Lichtturm in Solingen Kunst und Sport.
Im Wuppertaler ort stehen die Reihe 'all female' mit dem Trio Tau am 4.9., die Soundtrips NRW am 14.9., Baby Sommer und Gäste am 19.9. und das Simon Rummel Ensemble am 27.9. auf dem Programm.
Weitere Termine mit improvisierter Musik finden sich bei NRWJazz.
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