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April 2019

Gewesen: George Benjamin mit dem Ensemble Modern in Köln
Angekündigt:
Forum neue Musik beim DLF – Auftakt Achtbrücken-Festival – Oper von Luca Francesconi in Dortmund u.v.a.m.

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[George Benjamin mit dem Ensemble Modern in Köln]

Zwischen dem Ensemble Modern und dem britischen Komponisten George Benjamin existiert bereits eine langjährige Zusammenarbeit. Benjamin, 2017 in den Adelsstand erhoben und soeben in Venedig mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet, hat für das Ensemble drei Werke – „mehr als für jede andere Gruppe auf der Welt“ – geschrieben und ging 1993 erstmals mit ihm auf eine große Tournee durch die deutschsprachigen Länder. Nun sind sie wieder gemeinsam unterwegs und nach Frankfurt und London und vor Hamburg führte die Reise auch in die Kölner Philharmonie. Benjamin war dabei in seiner Doppelfunktion als Dirigent und Komponist im Einsatz, wobei er betont, dass er sich – nicht zuletzt aufgrund seines Alters (er wird nächstes Jahr 60) – zunehmend auf seine kompositorische Arbeit konzentrieren will und seine Tätigkeit als Dirigent und Vermittler immer mehr zurückschraubt. Zum Auftakt erklang in Köln seine Kurzoper Into the Little Hill, die 2006 vom Ensemble Modern in Paris aus der Taufe gehoben wurde und in unseren Breiten 2014 im Rahmen des Essener NOW!-Festivals zu erleben war, in einer Inszenierung, die mir in guter Erinnerung geblieben ist (die Regie führte Kay Link, der auch für die Neuinszenierung von Reimanns Medea am Aalto-Musiktheater verantwortlich zeichnet). Diesmal mussten wir uns mit einer konzertanten Fassung begnügen, was den Vorteil hat, dass nichts von der Musik ablenkt. Into the Little Hill ist die erste Zusammenarbeit Benjamins mit seinem Librettisten Martin Crimp, der mit Written on Skin (UA 2012, 2013 im Bonner Theater) und Lessons in Love and Violence (UA Mai 2018) zwei weitere folgten. Erzählt wird eine aktualisierte Fassung der alten Mär vom Rattenfänger von Hameln und dieses geschickte Verweben von Altem und Neuem, von Realistischem und Surrealem ist typisch für Benjamins Schaffen. Der korrupte, manipulierende und manipulierbare Minister, dem es nur um seine Wiederwahl geht, kommt uns ebenso bekannt vor wie die Hetzrufe der Menge, die die armen Ratten, die scheinbar niemandem etwas zu Leide tun, eliminiert sehen wollen. Dazwischen tauchen surreale Bilder auf: Der Rattenfänger erscheint als Mann ohne Ohren, Augen und Nase und führt, nachdem er um seinen Lohn betrogen wurde, die Kinder in einen unterirdischen Raum voll von brennendem Licht. Für zusätzliche Verfremdung sorgt, dass alle Partien von zwei Frauenstimmen übernommen werden, die zwischen direkter Rede und Erzählperspektive wechseln. Dieses Spiel mit alt und neu, mit Kontrasten und Verfremdung, zeichnet auch die Musik aus. Benjamin versteht sein Handwerk und zieht alle Register von schriller Schärfe über dramatische Aufwallungen bis zu geheimnisvollem Rumoren. Seine Vertrautheit mit den Musikern zeigt sich besonders in den zurückgenommenen Passagen, die bis in die subtilsten Facetten ausgekostet werden. Bestens aufgestellt sind auch die beiden Sängerinnen Anu Komsi (Sopran) und Helena Rasker (Alt). Wenn Komsi das Wort 'Money' in die Länge und in die Höhe zieht und sich dabei überschlagen lässt, wird es wahrhaft zum unwiderstehlichen Zauberwort.

Im zweiten Teil des Abends war das Ensemble Modern in seiner erweiterten Form als Ensemble Modern Orchestra zu erleben. Seit 1998 wird unter diesem Namen die Stammmannschaft mit jungen Instrumentalisten und Spezialisten aus der Neue-Musik-Szene auf bis zu 130 Musiker erweitert, um auch größer dimensionierte Werke stemmen zu können. Das Programm bescherte einen abwechslungsreichen Parcours durch die zweite Hälfe des 20. Jahrhunderts mit Werken, die man nicht alle Tage zu hören bekommt. So stand Galina Ustwolskajas nicht nur in der Besetzung extreme, bis an die Schmerzgrenze insistierende Komposition Nr. 2 – Dies Irae für acht Kontrabässe, Holzwürfel und Klavier neben Ligetis Ramifications für Streichorchester und zwölf Solostreicher; letzteres über weite Strecken wie hingehaucht, ein ätherisches, kaum greifbares Sirren und Flirren, das so wohl nur von einem Spezialensemble interpretiert werden kann. Außerdem kam mit Initiale – Fanfare für sieben Blechbläser ein selten gespieltes Stück von Pierre Boulez zu Gehör und Olivier Messiaen, von dem Benjamin noch selbst Kompositionsunterricht erhielt, war mit Sept Haikai für Klavier und kleines Orchester vertreten. Das einzige Stück eines lebenden Komponisten war Benjamins Palimpsests für Orchester (2000/02), in dem er wie Ustwolskaja acht Kontrabässe verwendet. Dies ist jedoch bereits die einzige Gemeinsamkeit: Wo Ustwolskaja sich aufs Äußerste reduziert, holt Benjamin weit aus, wo sie auf der Stelle tritt, marschiert er zielstrebig voran, wo sie uns brachial festnagelt, umspült er uns mit dramatisch-schwelgerischen Wogen, wo sie uns einsam im Regen stehen lässt, nimmt er uns an die Hand und erzählt Geschichten. Ich selbst lasse mich nicht so gern an die Hand nehmen und bin daher eher der Ustwolskaja-Typ, kann aber auch bei Benjamin mitgehen. Letztlich ist es gut, dass so Verschiedenes nebeneinander besteht.
Zwei bei anderen Stationen der Tournee gespielte neuere Stücke (
Layers of Love des Benjaminschülers Christian Mason und Bright Ring der ehemaligen EM-Oboistin Catherine Milliken) wurden uns in Köln leider vorenthalten. Daher war es ein Ausflug in historische Gefilde, aber das ist auch mal ganz schön – vor allem auf diesem Niveau.

[Termine im April]

Köln

In der Philharmonie stehen György Kurtágs Kafka-Fragmente am 4.4., Musik von Thomas Adès am 5.4., von Philippe Manoury und Osvaldo Golijov am 13.4., von David Helbock am 14.4. sowie Amériques von Edgard Varèse mit dem Bundesjugendorchester unter der Leitung von Ingo Metzmacher am 26.4. auf dem Programm. Die Musikfabrik lädt am 1.4. und 8.4. zum Montagskonzert in ihr Studio und ON – Neue Musik Köln kündigt nordic adventure mit Kim Myhr am 3.4. und eine Hommage an DADA Köln am 16.4. an. In der Kunststation Sankt Peter sind die Stationen IV am 3.4., ein Orgelkonzert am 7.4., ein Lunchkonzert am 13.4. und ein Osterkonzert am 21.4. zu erleben. Außerdem ist die Kunststation wie in den Vorjahren am Forum neuer Musik des Deutschlandfunks beteiligt, das sich am 5. und 6.4. mit postmigrantischen Visionen beschäftigt. Das Ensemble Aventure, das ensemble 20/21 und das Ensemble LUX:NM spielen Werke von Komponierenden verschiedenster Länder, Kulturen und Religionen, die sich in Deutschland niedergelassen haben.

Im Rahmen des Kölner Festes für Alte Musik wird es auch ein bisschen zeitgenössisch, z.B. bei Permutations/Generations in der Mülheimer Friedenskirche am 6.4. und beim Klangdialog zwischen Mittelalter und Heute am 7.4. Die reiheM lädt das Trio Lambkin/Harwood/O’Dwyer am 3.4. in den Stadtgarten und Kubisch, Kutin & Kindlinger am 24.4. in die Alte Feuerwache, das Ensemble Handwerk setzt am 10.4. seine Reihe hw19c mit Daniel Gloger als Gast fort, das Asasello Quartett kombiniert am 12.4. im Sancta Clara Keller Mieczysław Weinberg mit Schostakowitsch und Im Zentrum Lied präsentiert am 24.4. Klangspektren von Moritz Eggert, Wilhelm Killmayer, Wolfgang Rihm und Alexander Muno. Chamber Remix gastiert am 14.4. mit dem Trio Fantasm und Frank Niehusmann im Loft, außerdem steht dort am 7.4. Steamboat Switzerland auf der Bühne und am 27.4. findet ein Geburtstagskonzert für Tom Johnson statt. Weitere Termine finden sich wie üblich bei kgnm und JazzstadtKöln.
Am 30.4. startet das
Achtbrücken-Festival, das bis zum 11.5. unter dem Motto Großstadt Polyphonie steht. Zum Auftakt bespielt Gerhard Stäbler mit dem Ensemble Musikfabrik, dem Studio Musikfabrik, dem Kammerchor der Uni Köln und Schülerinnen und Schülern des Albert-Magnus-Gymnasiums die U-Bahnstation Heumarkt mit Hör-Flecken und anschließend kommt in der Philharmonie die Hamletmaschine von Georges Aperghis zur Aufführung. Dem griechisch-französischen Komponisten ist in diesem Jahr ein besonderer Schwerpunkt gewidmet.

Ruhrgebiet

Vom 26. bis 28.4. findet in Bochum das Ruhr-Jazzfestival statt und im Planetarium gastiert am 30.4. eine multimediale Veranstaltung, die sich mit Leben und Wirken der in Auschwitz ermordeten Malerin Charlotte Salomon befasst.

Der Sprachkünstler Jaap Blonk und der Gitarrist Terry Ex sind am 5.4. im Dortmunder mex zu erleben und im Theater Dortmund hat am 18.4. Quartett Premiere, eine Oper in dreizehn Szenen von Luca Francesconi nach dem gleichnamigen Theaterstück von Heiner Müller.

In Duisburg spielt das Minguet Quartett am 2.4. im 2. Haniel Akademie-Konzert Peter Ruzickas Streichquartett Nr. 2 und im 7. Kammerkonzert erklingen am 14.4. in der Mercatorhalle Lieder von Wolfgang Rihm, Michael Gees u.a.

Daniel Bell interpretiert am 4.4. und 5.4. in der Essener Philharmonie Henzes Sonata per archi, in der Alten Galerie Mitte sind am 4.5. Jaap Blonk und Terry Ex zu Gast und die Musikfabrik setzt am 7.4. ihre neue Konzertreihe auf PACT Zollverein fort. Das Bauhaus-Festival der Folkwang-Hochschule Try again, fail again, fail better eröffnet am 10.4. mit einer begehbaren Licht- und Klanginstallation von Robert Henke und am 11.4. lädt das ICEM zur nächsten ExMachina Werkstatt.

Im Gelsenkirchener MIR kommt am 4.4. Fuga Perpetua von Yuval Avital mit dem Ensemble Meitar zur Aufführung. Das Werk befasst sich mit dem Thema Flucht und bezieht dabei auch Geflüchtete aus Gelsenkirchen mit ein.

Die Neue Philharmonie Westfalen gastiert mit Enjott Schneiders Florestan und Eusebius am 2.4. in Recklinghausen, am 3.4. in Kamen und am 8.4. in Gelsenkirchen und im Rathaus von Recklinghausen erklingen am 14.4. Werke von Stockhausen, Haydn und Schönberg.

Düsseldorf

Nach einer längeren Pause findet am 5.4. wieder der Salon Neue Musik im Klangraum 61 statt – bereits zum 43. Mal.

Sonstwo

Die Ende März gestarteten Stationen IV, eine von mehreren Gesellschaften für Neue Musik aus NRW ins Leben gerufene Konzertreihe, sind vom 1. bis 4.4. in Dortmund, Essen, Köln und Aachen zu erleben.

Die Gesellschaft für zeitgenössische Musik Aachen kündigt neben den Stationen IV am 4.4., aktuellen Jazz am 6.4. und die Reihe 'Hören und Sprechen über Neue Musik' – diesmal mit Matthias Pintscher im Fokus – am 12.4. an.

Der Jour fixe der Bielefelder cooperativa neue musik befasst sich am 1.4. mit Isabel Mundry.

Beim Bonner Wortklangraum ist am 3.4. das Forseti Saxophonquartett zu Gast. Außerdem stehen im Dialograum Kreuzung an Sankt Helena das Quartett Almeida / Gibson / Furtado / Paul am 6.4., in Memoriam Global Village am 26.4. und Keune / Lash / Noble feat. Georges Paul am 27.4. auf dem Programm. Am 13.4. veranstaltet das Beethoven Orchester einen Neue-Musik-Abend im Base Camp und die In Situ Art Society präsentiert am 15.4. das Trio Fantasm in der Zentrifuge.

Im Krefelder TAM wird es im April märchenhaft mit sechs Deutschen Märchenbildern von Franz Bendel und Bestiarium.

Im Mönchengladbacher Kulturzentrum BIS findet am 7.4. ein Werkstattkonzert mit dem ART Ensemble NRW unter der Leitung von Miro Dobrowolny statt.

In der Blackbox in Münster stehen am 7.4. der Sprachkünstler Jaap Blonk und der Gitarrist Terry Ex und am 12.4. Antez & Inutile Témoin auf der Bühne. Am 31.3. eröffnet das münsterlandweite Klangkunstfestival Soundseeing mit den Klangskulpturen des niederländischen Künstlers Nico Parlevliet, die bis zum 22.4. in der Haverkamp-Halle zu sehen und zu hören sind. Bis Oktober ist ein vielfältiges Spektrum an Ausstellungen, Installationen, Konzerten und Workshops zu erleben.

Am 19.4. erklingt in der Neusser Christuskirche Karfreitagsmusik von Enjott Schneider und J.S. Bach mit der Sopranistin Irene Kurka u.a.

Die Akkordeonistin Ksenija Sidorova und das Goldmund Quartett spielen am 3.4. in der Festhalle Viersen Werke von Sergey Akhunov und Franck Angelis.

Der Wuppertaler ort kündigt ein Konzert mit dem Schlagzeuger Vincent Glanzmann am 2.4. und den cine:ort am 4.4. an.

Jazztermine und entsprechende Informationen aus ganz NRW finden sich bei nrwjazz.net.

Zu den seit 2017 erschienenen Gazetten Neue Musik in NRW

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