November 2018
Gewesen: Vivier beim
Klangfest in Köln
Angekündigt:
Schnebels Luther 500 bei Utopie jetzt! in
Mülheim – Taschenopernfestival in Solingen –
Identitäten im Wandel bei musik21 in Düsseldorf
u.v.a.m.
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[Vivier beim Klangfest in Köln]
Jubiläen hat es in
diesem Jahr schon viele gegeben: der 100.
Geburtstag von Bernd Alois Zimmermann, der 90.
von Juan Allende-Blin, der 80. von Hans-Joachim
Hespos, der 60. von Kunsu Shim. Claude Vivier,
der am 14.4. 70 geworden wäre, ist bislang in
unserer Region noch nicht bedacht worden,
weshalb ihm der Klang Köln e.V. vom 19. bis 21.10.
in der Alten Feuerwache in Köln ein vier
Konzerte umfassendes Festival widmete. Vivier
ist eine schillernde Figur und es ist kaum
möglich, seine Musik von seiner Person zu
trennen. Von unbekannten Eltern in Montréal
geboren fand er Adoptiveltern, die ihn im
katholischen Glauben erzogen. Er besuchte ein
Priesterseminar, aus dem er wegen 'mangelnder
Reife' ausgeschlossen wurde, und wandte sich
schließlich der Musik zu. Nach Studien in seiner
Heimatstadt lebte er von 1971-74 in Europa, wo
er u.a. bei Stockhausen studierte. Menschlich
und musikalisch prägend waren Reisen nach Asien,
insbesondere die Begegnung mit den Musikkulturen
Japans, Thailands und Balis. Bei einem weiteren
Europaaufenthalt 1979/80 lernte er die Musique
spectrale kennen. Schließlich kam er 1982 erneut
nach Paris, wo er 1983 von einem Stricher in
seiner Wohnung ermordet wurde – ein Tod, der um
so tragischer und mysteriöser ist, da er ihn in
seinem letzten Werk Glaubst Du an die
Unsterblichkeit der Seele vorausgeahnt zu
haben scheint. Das Werk endet mit den Worten
„Angst Angst Angst Angst“, vorher schildert eine
Stimme, wie eine Zufallsbekanntschaft dem
Protagonisten Claude einen Dolch 'mitten ins
Herz' sticht.
Auch in Köln wurde die Person Vivier umfassend
beleuchtet. Ein Sprecher zitierte aus Bob
Gilmores Biographie (vergünstigte
Restexemplare sind über Klang Köln erhältlich),
Klarenz Barlow berichtete von persönlichen
Begegnungen mit Vivier und in dem 18-minütigen
Video L'homme de pekin konnte man ihn bei
teils sehr freizügigen Selbsterfahrungsspielchen
beobachten. Barlow beschreibt ihn als
'selbstverliebt bis zum Geht nicht mehr',
gleichermaßen fasziniert von Reinheit und
sakraler Überhöhung und sadomasochistischer
Gewalt („man kann jedes Mal dabei einen Schritt
weiter gehen“). Stockhausen lehnte ihn als
Person ab, nahm Anstoß an seinem rührseligen
Gebaren, seinem müffelnden Schafpelzmantel, ja
sogar an seiner Handschrift, ließ sich seine
geradezu devote Verehrung („der größte Komponist
der Welt“) gleichwohl gefallen, zumal beide die
katholische Sozialisation und ein Hang zum
Esoterischen verband. Insgesamt erscheint Vivier
als sehr widersprüchliche Figur, womöglich ein
interessanter Fall für den Psychoanalytiker,
aber muss man all das wissen, um seine Musik zu
verstehen oder zu genießen? Was bleibt von ihr
übrig, wenn man die Person Vivier auszublenden
versucht? Ich muss gestehen, dass mir das nur
unzureichend gelungen ist, so dass ich nicht mit
Sicherheit sagen kann, ob meine Vorbehalte der
Musik oder meinem Hintergrundwissen geschuldet
sind. Manches, das manchmal redundante
Sich-Entlanghangeln an Melodien und Rhythmen wie
zum Beispiel in Paramirabo für Flöte, Violine,
Cello und Klavier oder Pulau Dewata für variable
Besetzung – im Titel 'Insel der Götter' wie in
der Rhythmik dem 'wunderbaren Volk der
Balinesen' huldigend – wirkt schlicht, geradezu
naiv, manches zu dramatisch und überhöht. In Bouchara folgt das Ensemble
der archaisch-rituell anmutenden Litanei des
Soprans, der ein langes Liebeslied in erfundener
Sprache vorträgt. In Samarkand für Klavier und
Bläserquintett breitet sich ein schillernder,
mikrotonaler Klangteppich aus, in den das
Klavier harsche Akzente setzt. Überbordend das
schon erwähnte Glaubst Du an die
Unsterblichkeit der Seele, sein letztes Werk.
Der mit einem Vocoder auf Deutsch eingesprochene
Titel wirkt wie ein Fremdkörper von einem
anderen Stern, aber die sich verflechtenden
Chorstimmen berühren. Den Zwiespalt, den Viviers
Person auslöst, empfinde ich auch bei seiner
Musik, Faszination und Irritation zugleich.
[Termine im November]
Köln
Die Reihe 'Musik der Zeit' des WDR eröffnet die neue Saison mit einem Japanschwerpunkt – interpretiert von Les Percussions de Strasbourg am 1.11. und dem WDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Peter Eötvös am 2.11. Das WDR Sinfonieorchester ist auch an der Komponistenwerkstatt am 25.11. beteiligt. In der Philharmonie wird am 7. und 14.11. die Reihe Philmusik – Filmmusik und ihre Komponisten – fortgesetzt. ON – Neue Musik Köln kündigt das Gitarrenduo Funabashi und Papenheim am 1.11., die Gruppe Nakayama / Thieke / Hein mit Live-Painting am 3.11., fünf Uraufführungen im Club Bogen 2 am 27.11., Duo-Kompositionen von Scott Fields am 28.11. und 30.11. sowie in der Kunststation Sankt Peter ein Konzert des E-Mex Ensembles mit Werken von Zygmunt Krauze an. Dort finden außerdem die üblichen Lunchkonzerte am 3., 10., 17. und 24.11. statt. In der Alten Feuerwache erwarten uns eine Konzertperformance von Roman Pfeifer am 2. und 3.11. und ein Konzert mit dem Studio Musikfabrik am 4.11., beim Chamber Remix am 4.11. trifft das Duo Farbton auf George Bagdasarov, das ensemble hand werk befasst sich in seiner neuen Reihe im Odeon Kino am 7.11. mit Krautrock, im musikwissenschaftlichen Institut der Uni Köln kommt am 9.11. akusmatische Musik von Marc Behrens zu Gehör und im Klangraum Kunigunde ist am 11.11. das ART Ensemble NRW zu Gast. In der reiheM spielt Peter Pichler am 8.11. zu Hitchcocks Die Vögel live auf dem Trautonium und am 22.11. treffen Philip Corner und seine Partnerin Phœbe Neville im Loft auf Rubén Patiño. Im Loft stehen außerdem neben vielen anderen die Sprechbohrer mit Autorenmusik am 14.11., das Art Blau Ensemble am 26.11. und am 30.11. das Trio Shahhosseini/Mainz/Flaig mit Hesen Kanjo im Rahmen der Plattform für transkulturelle neue Musik auf der Bühne. Das Collegium musicum der Uni Köln präsentiert am 21.11. unter dem Motto 'Der Zirkus kennt keine Grenzen' musikalische Grenzüberschreitungen, am 22.11. stellt sich das ensemble 20/21 unter David Smeyers in der Hochschule für Musik und Tanz vor, das italienische Kulturinstitut hat ebenfalls am 22.11. das Curva Minore Ensemble eingeladen, das japanische Kulturinstitut stellt am 23.11. unter dem Motto 'Neue Seidenstraße' zeitgenössische Musik für asiatische und westliche Instrumente mit dem AsianArt Ensemble vor und unter dem Motto Love´s not Time´s Fool werfen Bettina Marugg und Norbert Rodenkirchen am 24.11. einen neuen Blick auf Shakespeares Sonette. Claudia Robles interaktive Installation Web-Mindscape ist noch bis zum 18.11. in der Kirche Sankt Gertrud zu erleben und wird am 9.11. von einer Performance begleitet und Im Stadtgarten findet vom 23. bis 25.11. das Klaengfestival statt.Weitere Termine kann man bei Jazzstadt Köln und kgnm entdecken – so zum Beispiel am 1.11. ein Konzert in der Kapelle Madonna in den Trümmern, drei Veranstaltungen unter dem Stichwort 'Béton – Brut & Bruits' am 22. und 24.11., bei denen neue Musik in brutalistischen Bauten präsentiert wird, sowie die Plattform nichtdokumentierbarer Ereignisse am 3., 8. und 12.11., kgnm nimmt außerdem noch bis zum 11.11. Bewerbungen für den nächsten Containerklang am 16.12. entgegen.
Ruhrgebiet
Die Bochumer Symphoniker präsentieren Musik der Zukunft mit einer Uraufführung von Tamon Yashima am 8.11. in Oberhausen und am 9.11. in Mülheim.
Chorwerk Ruhr ist mit ungarischer Chormusik am 17.11. in Duisburg und am 18.11. in Bochum zu erleben.
Im Dortmunder Depot geht noch bis zum 3.11. das Parzelle Festival mit Experimentellem, Schatten, Klang und Konzerten über die Bühne und im domicil ist am 4.11. das Consord Ensemble zu Gast. Im mex ist noch bis zum 18.11. eine Ausstellung mit Werken auf der Schnittstelle zwischen Musik und Kunst zu erleben. Zum Abschluss finden am 16. und 17.11. Blind-mex Konzertabende im klassischen mex-Format mit je drei Sets von unangekündigten KünstlerInnen statt.
In ihrem dritten philharmonischen Konzert spielen die Duisburger Philharmoniker am 7. und 8.11. Jörg Widmanns Con Brio. Das Ensemble Crush präsentiert am 18.11. im Earport Geburtstagsständchen und am 23. und 24.11. findet das Platzhirschfestival mit vielfältigem Programm statt.
Beim zweiten NOW!-Wochenende in Essen erwarten uns u.a. Kagels Varieté sowie sein Zwei-Mann-Orchester, der Nachwuchs ist mit Studierenden der Folkwanghochschule am 1.11. und dem Studio Musikfabrik am 3.11. vertreten, Peter Eötvös und das WDR Sinfonieorchester sind mit einem japanischen Programm zu Gast, Interessierte können an einem Workshop mit dem Ensemble Modern teilnehmen und zum Abschluss kommt Philip Glass' Einstein on the Beach halbszenisch zur Aufführung. In der Philharmonie ist außerdem am 11.11. die Kremerata Baltica mit Werken baltischer Komponisten zu erleben. In der Folkwanghochschule finden wöchentlich am 7.,14.,21. und 28.11. Vorträge zum Thema 'Musik und Performance im 21. Jahrhundert' statt, am 13.11. ist das Sound Factory Orchestra aus Wroclaw zu Gast und am 15.11. bringen ICEM-Studierende akusmatische Musik zu Gehör. JOE, die Jazz Offensive Essen, veranstaltet am 8.11. das Free Essen Festival.
Im Rahmen der Tage Alter Musik in Herne interpretiert der Klangkünstler Christof Schläger mit tonalen Drucklufthörnern klassische Kompositionen u.a. von Arvo Pärt.
Dieter Schnebel war dem Mülheimer Festival Utopie jetzt! stets eng verbunden. Posthum bringen die Mülheimer daher am 17. und 18.11. sein Musiktheater Luther 500 mit der Singschule an der Petrikirche und dem Ensemble Crush zur Uraufführung.
Düsseldorf
Im Rahmen des Orgelfestivals IDO findet am 2.11. die Mystische Nacht mit Dominik Susteck als besonderem Gast statt. Die Düsseldorfer Symphoniker spielen am 9., 11. und 12.11. in der Tonhalle den Sinfonischen Dialog von Jürg Baur. Zudem widmen sich drei Konzerte mit Udo Falkner und dem Notabu-Ensemble am 10., 14. und 16.11. dem 100. Geburtstag von Bernd Alois Zimmermann und am 25.11. kommt José María Sánchez Verdús Kemet für Blockflöte und Orchester zu Gehör. Vom 9. bis 25.11. findet die Digitale, das Festival für digitale Kunst und Musik, statt. Musik21 befasst sich im November mit Identitäten im Wandel. Den Auftakt am 18.11. in der Neanderkirche macht ein Kooperationsprojekt mit dem Sächsischen Musikbund. Der zweite Veranstaltungstag in der Alten Schmiede wird am 25.11. mit einem Vortrag von Harry Lehmann eröffnet.
Sonstwo
Der November beginnt und endet mit Soundtrips NRW. Vom 2. bis 4.11. klingt die Tour der schwedischen Vocalistin Sofia Jernbergs in Düsseldorf, Bochum und Münster aus und am 29. und 30.11. starten die Norwegerinnen Vilde & Inga in Köln und Duisburg.
Am 3.11. präsentieren Dozenten der Kölner Hochschule für Musik und Tanz in Aachen Musik nach 1945 für Kontrabass und Klavier. Die Gesellschaft für zeitgenössische Musik befasst sich in ihrer Reihe 'Hören und Sprechen über Neue Musik' am 2.11. mit Mark Andres Oper Wunderzaichen und präsentiert am 17. und 23.11. aktuellen Jazz.
Im Kunstmuseum Villa Zanders in Bergisch-Gladbach eröffnet am 2.11. die Ausstellung Karlheinz Stockhausen – Klang Bilder. Das Begleitprogramm umfasst Gespräche, Führungen und Konzerte.
Die Bielefelder cooperativa neue musik lädt zum Jour fixe mit Ulrich Maske am 5.11. und zu einem Konzert mit unendlichem Klang am 12.11. ein.
Beim Bonner Wortklangraum ist am 7.11. das Trio Helix aus Prag zu Gast, bei den Bonner Zwischentönen am 18.11. erklingt Michael Denhoffs Etude de couleurs und ebenfalls am 18.11. ist das Ensemble Tra I Tempi mit poems two – naked voice im Theater im Ballhaus zu erleben.
Neue geistliche Orgelmusik interpretieren Studierende der Musikhochschule Detmold am 13.11. in der Heilig Kreuz-Kirche und vom 28.11. bis 2.12. werden 20 Jahre HfM Percussion mit einer Vielzahl von Konzerten gefeiert.
Partita Radicale ist am 29.11. mit Slow Motion im Wilhelm-Fabry-Museum in Hilden zu Gast.
Unter dem Motto Love´s not Time´s Fool werfen Bettina Marugg und Norbert Rodenkirchen am 30.11. im Schloss Türnich in Kerpen einen neuen Blick auf Shakespeares Sonette (am 24.11. bereits in Köln s.o.).
Die Stadt Kleve ehrt Bernd Alois Zimmermann mit zwei Konzerten zum 100. Geburtstag, am 15.11. in der Stadthalle mit dem Stuttgarter Kammerorchester und am 25.11. im Museum Kurhaus mit der Sopranistin Alexandra von der Weth.
Das Krefelder TAM, Theater am Marienplatz, gedenkt im Novemer (jeweils freitag um 22. Uhr) des Endes des ersten Weltkriegs.
Bayer Kultur hat die Kremerata Baltica am 13.11. mit Werken baltischer Komponisten nach Leverkusen eingeladen.
Ein Liederabend im BIS Kulturzentrum am 17.11. und Nachtmusik am 25.11. in der Citykirche stehen in Mönchengladbach auf dem Programm.
Die Gesellschaft für neue Musik Münster kündigt das composers slide quartet für den 25.11. und das Ariha Brass Quartett für den 28.11. an. Beide Veranstaltungen finden in der Musikhochschule statt, wo uns außerdem ein Streichquartett von Gubaidulina am 8.11. und das mensch.musik.festival mit Konzerten, Aktionen und Elektro Dancefloor am 17. und 18.11. erwarten. In der Black Box ist neben Impro-Treff und Soundtrips NRW am 24.11. Scott Fields Samuel Beckett Projekt zu erleben.
Im Rahmen der eastPLUGGED-Konzerte in Ratingen werden am 9.11. Andreas Schaerer, Kalle Kalima, Luciano Biondini und Lucas Niggli erwartet. Am 17.11. findet zudem das jährliche Konzert der Initiative Input-Output statt.
Das Münsteraner Consord Ensemble ist am 9.11. beim Studio für Neue Musik der Uni Siegen zu Gast und am 15.11. spielt das Ensemble Hélios im Apollo-Theater.
Am 21.11. gastiert bereits zum zweiten Mal das Salzburger Taschenopernfestival im Theater Solingen.
Im Wuppertaler ort stehen ein Konzert mit dem Hiby/Bardon/Hession Trio am 7.11., der cine:ort am 8.11. und eine Performance am 15.11. auf dem Programm.
Zu den seit 2017 erschienenen Gazetten Neue Musik in NRW
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