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Gewesen: Sarah Maria Sun im Konzerthaus Dortmund – Pink Floyd Ausstellung im Dortmunder U – Ensemble Modern mit Mark Andre in der Kölner Philharmonie
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[Sarah Maria Sun im Konzerthaus Dortmund]
Das Konzerthaus Dortmund ist nicht gerade als Hotspot der Neuen Musik bekannt, aber wenn sie auf dem Programm steht, erwartet uns Erlesenes. Noch gut erinnere ich mich an Kurtágs Kafka-Fragmente mit Anna Maria Pammer und Patricia Kopatchinskaja (s. Gazette Juli 2017). Das Publikum wird in diesen Fällen auf dem Podium platziert, wodurch eine besondere Nähe zum Geschehen entsteht, und diesmal war es an Sarah Maria Sun diesen Raum zu füllen. Der ehemaligen Ersten Sopranistin der Neuen Vocalsolisten Stuttgart, die zuletzt in Opern von Schnebel, Sciarrino und Holliger auf der Bühne stand, gelingt dies mit einem durchkomponierten Programm, das sie mit erfrischend persönlichen Zwischenmoderationen ergänzt. Zum Auftakt betritt sie das abgedunkelte Podium mit den schlichten Gesangslinien von Cages The wonderful widow of eighteen springs. Das von Cage vorgesehene geschlossene Klavier, dessen Korpus als Schlagwerk dienen soll, ersetzt sie durch die hölzernen Dielen, die sie als schattenhafte Gestalt am Boden kauernd mit dumpfem Klopfen zum Leben erweckt. Wie Cage so bezieht sich auch Rebecca Saunders in O für Sopran Solo auf James Joyce, konkret auf Molly Blooms Schlussmonolog aus dem Ulysses, dem sie mit Yes auch eine Version für Sopran und 19 Instrumentalisten gewidmet hat. Saunders, die gerade erst den hochdotierten Ernst von Siemens Musikpreis erhalten hat, beweist mit O einmal mehr ihre Lust am reinen Klang. Jeder einzelne wird als Ereignis zelebriert, Sarah Maria Sun kostet jeden Laut, jede Silbe im wahrsten Sinne des Wortes aus, formt ihn im Munde, lässt ihn auf der Zunge zergehen, säuselt, gurrt und flüstert. Der eigentliche Text tritt dabei zurück und ist doch unterschwellig sowie durch das immer wieder aufscheinende Yes präsent – ein Ja zum Leben und zur Musik. In Georges Aperghis Récitation Nr. 8, 9 und 11 sowie in Luciano Berios Klassiker Sequenza III lebt Sun dann vor allem ihr theatralisches Temperament aus. Mit vollem Körpereinsatz, mimisch und gestisch teils bewusst überzeichnet, knarzt, rotzt und spuckt sie, um im nächsten Moment mit voller Stimme zu tönen und dabei ihre enorme Wandlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Im Vergleich dazu bietet Nonos La fabbrica illuminata fast schon lupenreinen Belcanto. Im erneut abgedunkelten Saal lenkt nichts ab von den Klängen, so dass das Wechselspiel von Tonband und Stimme, bei dem die Stimme der Menschlichkeit auf die teils harschen Geräusche des Alltags trifft, wunderbar zur Geltung kommt – der eindrucksvolle Abschluss eines eindrucksvollen Abends.
[Pink Floyd Ausstellung im Dortmunder U]
Aktuell gibt es noch einen weiteren musikalischen Grund nach Dortmund zu pilgern: Im Dortmunder U gastiert noch bis 10.2. die Pink Floyd Ausstellung Their Mortal Remains, die auf verschlungenen Pfaden eine spannende Zeitreise präsentiert. Sie führt von den Anfängen im London der 60er Jahre (so einem All Night Rave 1966, laut damaligem Pressebericht eine „Poptanz-Veranstaltung, die psychedelische Effekte und gemischte Medien umfasst – was auch immer das sei.“) über den tragischen Absturz von Syd Barrett, die Hochzeit der 70er, die Querelen zwischen Roger Waters und David Gilmour, die schließlich zum Ausstieg von Waters führten, bis zur einmaligen Wiedervereinigung 2005 anlässlich der von Bod Geldorf organisierten Live-8-Veranstaltung. Dabei waren die Jungs zunächst als Architektur- bzw. Kunststudenten an den Start gegangen und von Anfang an ging es um mehr als nur Musik. Dies zeigt sich in den vielfältigen Kooperationen mit Filmemachern (Antonioni – denkwürdig die Musik zur berühmten Explosionsszene in Zabriskie Point), Choreographen (Roland Petit), Comiczeichnern (Gerald Scarfe) und Künstlern (Jonathan Park – den Ruhrgebietlern durch seine Lichtinstallation im Landschaftspark Duisburg-Nord bekannt), die schließlich Pink Floyd-Shows zu megalomanischen Gesamtkunstwerken machten. All das lässt sich in Dortmund akribisch nachverfolgen, von frühen studentischen Architekturzeichnungen über Originalinstrumente und Bühnenequipment, Plakaten, Skizzen und Tagebuchaufzeichnungen bis zu den riesenhaften Figuren aus The Wall. Man erfährt, auf welch spitzfindige und manchmal nicht ungefährliche Weise, die berühmten Plattencover zustande kamen – in Zeiten als man noch nicht alles am Bildschirm digital zurechtschustern konnte. Natürlich ist das alles nicht neu, aber es macht Spaß, sich treiben zu lassen und in Details zu versenken und wahrscheinlich wird dabei selbst dem ausgebufftesten Fan irgendein Schnipsel begegnen, den er so noch nicht gesehen hat. Am spannendsten sind wie meistens im Leben, die Widersprüche und Ambivalenzen, die sich auftun. Da ist die Lust am musikalischen Experiment, an schrägen, geräuschlastigen Klängen unter Einsatz der neuesten Technik neben Akkorden und Melodien von einer Eindringlichkeit und Eingängigkeit, dass man sie einmal gehört nie mehr los wird. Da sind die Studioaufnahmen, bei denen jeder Ton perfekt und alternativlos zu sein scheint, denen gleichwohl ausgiebige improvisatorische Erkundungen in Live-Konzerten vorausgingen. Und da sind zunehmend pointierter formulierte politische und gesellschaftskritische Botschaften eingetaucht in eine eigenwillige Melancholie, die jedem aufrührerischen Elan den Boden zu entziehen droht. Ausgangspunkt von The Wall war laut Roger Waters sein Gefühl, auf der Bühne zum Monster zu werden, sich vom Publikum zunehmend zu entfremden. Doch der Versuch, diese Mauer zum Einsturz zu bringen, resultierte in einer überbordenden Bühnenshow, die alles bisherige in den Schatten stellte, und der gegenüber das Publikum nur ehrfurchtsvoll in die Knie gehen konnte. Der Besuch der Ausstellung ist nicht zuletzt auch eine Reise in die eigene Biographie, bei der sich manches ganz nah und vertraut und manches ganz fern und gestrig anfühlt – so ist das eben mit sterblichen Überresten.
[Ensemble Modern mit Mark Andre in der Kölner Philharmonie]
Auch in der Kölner Philharmonie gab es Besonderes zu entdecken: Das Ensemble Modern spielte am 25.1. unter Leitung von Ingo Metzmacher Mark Andres Zyklus riss. Dieser hat seinen Ursprung im heute als riss 2 fungierenden, 2014 uraufgeführten Mittelteil, von dem sich Andre, wie er es im einleitenden Gespräch mit Ingo Metzmacher formulierte, geradezu gezwungen fühlte, ihn zum Triptychon zu erweitern. Wie hinlänglich bekannt ist Andre bekennender protestantischer Christ und sein gesamtes Schaffen religiös motiviert. Er erlebt sich als Medium, das sich der Ausstrahlung des Heiligen Geistes öffnet und diese in Musik transformiert. So bezieht sich auch der riss-Zyklus konkret auf zwei Bibelstellen, die die sichtbare Anwesenheit Gottes thematisieren: das Aufreißen des Himmels bei der Taufe Jesu im Jordan und das Reißen des Tempelvorhangs in seiner Todesstunde. Derart offensiv zur Schau gestellte Erweckungserlebnisse können leicht aufdringlich und penetrant wirken. Doch im Gegensatz zu Stockhausen, der vom Sirius beglückt wurde, strahlt Andre keine selbstzufriedene Gewissheit aus, im Gegenteil. Er wirkt immer etwas gequält und man merkt, dass er es sich selbst nicht leicht macht und sich der Fragilität seines Erlebens bewusst ist. Zudem impliziert ein Riss durchaus widersprüchliche Konnotationen. Ihm haftet etwas Aggressiv-Destruktives an und gleichzeitig öffnet er den Blick auf das Dahinterliegende, durch ihn erst Erfahrbare, er ist Zerstörer und Ermöglicher in einem. Diese Aura der Ambivalenz und Verletzlichkeit haftet auch der Musik an, die man gut ohne vorheriges Glaubensbekenntnis hören kann. Missionarischer Eifer liegt ihr fern, es ist eine Musik des Entschwindens, oftmals an der Grenze des Hörbaren, die gerade durch ihre Zurückgenommenheit Präsenz und Intensität gewinnt. Im Mittelteil artikuliert sich der Riss durch 13 Leerstellen, die das Klanggeschehen innehalten lassen. Dieses selbst besteht teils aus irrlichternden, geräuschhaften, huschenden und fauchenden Klängen, bei denen u.a. aneinandergeriebene Styroporstücke zum Einsatz kommen; harschere Akzente und pointierte Pizzicati wirken in diesem Umfeld besonders eindringlich und im wahrsten Sinne des Wortes einschneidend, zudem macht sich in einigen Passagen eine weitere, metrisch geprägte Zeitebene bemerkbar, ein enervierendes Pochen, das – in den Worten Metzmachers – von unbarmherziger Penetranz ist, wie ein tropfender Wasserhahn. Über gut 60 Minuten entsteht so eine Spannung und Anspannung, die keinen Augenblick nachlässt und dem Hörer äußerste Konzentration abverlangt. Dies gilt selbstverständlich erst recht für die Musiker des Ensemble Modern, die mit bewundernswerter Akribie und Sensibilität ans Werk gehen.
[Termine im Februar]
Köln
In der Philharmonie stehen Richard Dubognon am 2.2., das JACK Quartet am 15.2., Raquel García-Tomás am 17.2., das Trio Catch am 19.2., Martin Grubinger mit Werken von Andrea Tarrodi und Daníel Bjarnason am 24.2. und Galina Ustwolskaja am 26.2. auf dem Programm. Die Kunststation Sankt Peter lädt am 2.,9., 16. und 23.2. zu Lunchkonzerten ein.
Im musikwissenschaftlichen Institut der Uni Köln ist am 1.2. Julia Mihály zu Gast, 'Auf der Suche nach der Rose' mit Liedern von Crumb und Gubaidulina steht am 6.2. im Zentrum Lied, ON präsentiert vom 7. bis 10.2. Why Rabbit. Why?, ein Stück Musiktheater mit Zwischenräumen, Pausen, Unterbrechungen und Lücken, und in der alten Feuerwache wird am 11.2. das Trio MUT erwartet. Die Musikfabrik lädt am 11.2. zum Montagskonzert und gastiert am 17.2. im WDR. Beim 5. Raderbergkonzert im Deutschlandfunk erklingt am 19.2. ein Werk von Kelly-Marie Murphy, beim Musik der Zeit-Konzert des WDR werden am 23.2. Werke von Vassos Nicolaou und Jan St. Werner aus der Taufe gehoben und das Ensemble hand werk ist am 25.2. im Kölnischen Kunstverein zu erleben. Im Stadtgarten stehen das Trio Gille Düppe Gramss am 7.2., zwei Sets im Rahmen der Reihe Klaeng am 9.2. und die reiheM mit The Final Session am 22.2. auf dem Programm und im Loft kann man u.a. ein audio-visuelles Konzert für Peter Behrendsen am 3.2. und Wisseltangcamatta am 17.2. erleben.Ruhrgebiet
Am 2.2. findet in der Bochumer Christuskirche das Moving Noises Festival statt.
In der Dortmunder Stadtkirche Sankt Petri erklingen am 1.2. Werke von Jan Pieterszoon Sweelinck, Samuel Scheidt, Tom Johnson, Burkhard Schlothauer sowie Eva-Maria Houben und im mex im Künstlerhaus ist am 2.2. Claus van Bebber zu Gast.
In der Duisburger Orgelreihe spielt Christian Schmitt am 9.2. ein neues Werk von Daniel Roth. Im Lokal Harmonie steht am 2.2. das Trio Wisseltangcamatta und am 24.2. das Trio Drei auf der Bühne.
2019 spielt die Musikfabrik an fünf Sonntagen eine besondere Kammermusikreihe bei PACT Zollverein in Essen, wobei zum Auftakt am 24.2. die 60er Jahr wieder lebendig werden. JOE, die Jazz Offensive Essen, kündigt für den 14., 21. und 28.2. Sessions an.
Düsseldorf
Im Rahmen der Tage der Kammermusik der Robert Schumann Hochschule am 2. und 3.2. erklingen u.a. Werke von Michael Denhoff und im Ensemblekonzert am 13.2. trifft John Cage auf Richard Wagner. Vom 7. bis 9.2. findet in der Kunsthalle und in der Filmwerkstatt das Approximation Festival statt, das experimentelle Klaviermusik präsentiert. Das Notabu-Ensemble ist am 10.2. mit Werken von Jülich, Banasik, Yun und anderen in der Jazz-Schmiede zu Gast, in der Tonhalle spielt Avi Avital am 12.2. Three studies from Couperin von Thomas Adès und im Kunstpalast ist am 16.2. das Schlagzeugensemble Repercussion mit musikalischen Grenzgängen zu erleben.
Sonstwo
Im Rahmen von Soundtrips NRW trifft das Duo Biliana Voutchkova & Michael Thieke vom 1. bis 8.2. in Bochum, Wuppertal, Münster, Moers, Düsseldorf, Köln, Bonn und Duisburg auf wechselnde Gäste.
Die Gesellschaft für zeitgenössische Musik Aachen befasst sich am 9.2. in der Reihe 'Hören und Sprechen über neue Musik' mit Ludger Singer und am 16.2. ist das Jens Düppe Quartett zu Gast.
Im Bonner Theater im Ballsaal ist am 3.2. Dorrit Bauerecker als Onemanband zu erleben.
In der Musikhochschule Detmold stehen am 1. und 2.2.Opernabende mit Arien und Ensembles aus dem 20. Jahrhundert und am 2., 4., 8. und 11.2. Werkstattkonzerte der Schlagzeugklasse auf dem Programm.
Das Krefelder TAM, Theater am Marienplatz, feiert im Februar (jeweils freitags um 22 Uhr) den 80. Geburtstag von Urs Peter Schneider.
Im Rahmen des kleinen Festivals York Höller zum 75. präsentieren Schüler der Leverkusener Musikschule am 16.2. seine Klavierwerke für Kinder und Jugendliche.
Am Theater Münster hat am 3.2. Moritz Eggerts szenisches Konzert Teufels Küche für drei Musiker, einen Schauspieler, Gemüse und ganz viele Kinder Premiere und in der Black Box stehen die Soundtrips NRW am 3.2., der Impro-Treff am 7.2., das Trio MUT am 10.2. und das Weißenfellss-Kellers-Duo am 15.2. auf dem Programm.
In der Festhalle Viersen ist am 9.2. das Schlagzeugensemble Repercussion und am 12.2. das Orion Streichtrio mit Alfred Schnittkes Streichtrio zu Gast.
Die Oper Wuppertal produziert gemeinsam mit Rimini Protokoll John Cages Europeras 1&2. Premiere ist am 2.2 und im ort erwartet uns neben den Soundtrips NRW am 2.2. und dem cine:ort am 7.2. das Trio MUT am 12.2.
Zu den seit 2017 erschienenen Gazetten Neue Musik in NRW
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